Das verrückte Corona-Leben
Es ist geschafft! Ich bin im überhitzten, aber wunderschönen Avignon angekommen.
Bis zum Schluss war ich leicht in Sorge, dass das Coronavirus mir noch einmal einen Strich durch sämtliche Pläne macht: die Fallzahlen in Spanien stiegen ständig. Frankreich diskutierten bereits über eine Grenzschliessung. Ich überlegte schon, ob ich meinen 5-tägigen Aufenthalt in Salamanca abbrechen und mit den regionalen Bussen und Zügen versuchen soll über die Grenze zu kommen. Aber ich hatte gerade so viel zu tun und in Salamanca fühlte ich mich so wohl! ...
Als ich hörte, dass Spanien alles tut um die Grenzschliessung zu verhindern, beschloss ich das Risiko einzugehen. Und es hat geklappt: am 29.7 kam ich ungehindert im Flixbus über die spanisch-französische Grenze.
Markenzeichen von Corona: die Unmöglichkeit zu planen
Solche Unsicherheiten zeichnet meine Reise, die Ende Februar begann aus. Aber auch das Leben aller Zu-Hause-gebliebener ist geprägt von der ständiger Unsicherheit und Unplanbarkeit. Längerfristige Sicherheit, sogenannte Planungssicherheit, hätten wir alle gerne - nicht nur die Reiseunternehmen, Eventveranstalter und Hotelbesitzer.
Aber: Planungssicherheit ist durch das Coronavirus zur Zeit unmöglich. Wir müssen die Situation von Woche zu Woche, manchmal von Tag zu Tag so nehmen, wie sie gerade ist - und morgen ist alles wieder anders. Die PlanungsUNsicherheit wird uns vermutlich die nächsten 12 Monate begleiten. Vielleicht wird sie auch zu unserem neuen Lebensstil.
Die Corona-Gefahr: von Unplanbarkeit zu Planlosigkeit
Ich sehe und höre, dass sich manche an diesem Umstand stören, sich darüber ärgern und ich kann es gut nachvollziehen. Mancher kann sein Alltagsleben und sein Business ohne diese Planungssicherheit nicht mehr führen. Jedenfalls nicht mehr so, wie bisher.
Auch Reisepläne sind schnell Makulatur. Man muss einfach schauen, was tatsächlich möglich ist an dem Tag, an dem man abreist. Keiner kann garantieren, dass man nach der gelungen Hinreise, nicht in irgendeiner Stadt stecken bleibt, weil sie gerade "abgeriegelt" wird. Keiner kann versprechen, dass wir wieder in unser Heimatland einreisen können ohne 14 Tage irgendwo in Quarantäne gehen zu müssen. Das ganze Leben ist so unsicher, so unplanbar geworden, dass man in schlechten Momenten denkt, es sei am Besten, sich die nächsten Monate im Bett zu verkriechen.
Heilmittel: Flexibilität, Mut und Ergebnisoffenheit
In den letzten Monaten habe ich gelernt, dass all diese Unsicherheiten meine Reise gar nicht stören, sondern sie sogar bereichert. Meine Reise verlief total anders als vorgesehen. Die Ergebnisse sind unerwartet und erfreulich (siehe nächster Abschnitt).
Die Grundlage für mutige Entscheidungen
John Strelecky
verdanke ich es, dass ich in dieser unsicheren Zeit den Mut hatte, meine eigenen Weg zu gehen, statt mich von negativen Nachrichten verrückt machen zu lassen.
Sinngemäss*
schrieb er, dass unsere Intuition uns sehr genau sagen kann, welches der richtige Weg für uns ist und uns auch vor Gefahren warnen kann, wenn wir auf unsere "Eingebungen" achten.
Persönlich bin
ich der Ansicht, dass diese inneren Impulse eine spirituelle Komponente haben - sie sind eine Art
Telefonleitung zum "Universum" oder wie immer man es nennen will.
Jedenfalls hat dieser Input von John Strelecky schon vor langem meine Experimentierfreude geweckt. Seither habe ich immer wieder auf meine Intuition gehört und danach das Ergebnis ausgewertet.
Stephan
Meurich hat mich letztes Jahr ebenso ermutigt mit meiner Intuition "zu arbeiten". Er erzählte an seinem Vortrag über seine Wanderung von München nach Tibet und sagte, dass er gut damit gefahren sei, seine Intuition ernst zu nehmen. Hatte er "ein ungutes Gefühl" wenn er neue Menschen kennen lernte, bei ihnen arbeitete oder sich zum übernachten einladen liess, hörte er darauf, selbst wenn er keine rationale Erklärung dafür fand.
Rückblickend bin ich sehr dankbar, dass ich während meiner Portugalreise auf meine Intuition mindestens so stark gehört habe, wie auf die Nachrichten und die Reisewarnungen. Hätte ich nur auf die Warnungen gehört, wäre ich Ende März in die Schweiz zurück gekehrt, weil das "sicher" gewesen wäre. Gott sei Dank, habe ich den Mut gehabt ebenso stark auf mein Bauchgefühl zu hören und stattdessen in Portugal zu bleiben, denn die Ergebnisse sind beeindruckend.
5 schöne Ergebnisse - dank Corona
Ergebnis 1: viel mehr Portugal, als vorgesehen
Aus den geplanten 2 Monaten sind 4,5 geworden. Ich habe von Portugal viel mehr gesehen, als ich mir ursprünglich vorgenommen hatte und habe das Gefühl einen recht guten Überblick über das Land bekommen zu haben! Das war in meiner Planung nicht vorgesehen. Dank Corona habe ich nur vom Distrikt Beja, Portalegre, Santarém, Leiria und Viana do Castelo noch nicht viel gesehen.
Ich weiss jetzt: die Reiseführer mögen noch so sehr vermitteln, dass die Strände im Süden das interessanteste sind, was Portugal zu bieten hat, es gibt andere Regionen in denen ich mich viel wohler fühle.
Ergebnis 2: Wohlfühlstadt Salamanca wird zum Türöffner zu Spanien
Bei meiner Rückreiseplanung musste ich mich danach richten
- was für mich organisatorisch möglich ist (siehe meine Krisenerfahrung)
- vor allem aber, danach was an Verkehrsmitteln überhaupt im Angebot war.
Diesem Umstand verdanke ich, dass ich zwar nur wenig von Spanien gesehen habe, aber der Zufall hat mich nach Salamanca befördert, wo ich mich sehr wohl gefühlt habe. Obwohl das Thermometer hohe Temperaturen zeigte, kam ich gut zurecht. Morgens war es erfrischend kühl, für die heissen Nachmittag fand ich einen Park und ein lauschiges Eckchen am Fluss, wo es angenehm kühl war. Es wehte immer ein Windchen und ich konnte konzentriert arbeiten.
An den mächtigen
Bauten und ihrer Schönheit konnte ich mich kaum satt sehen und meine Vorurteile über die Spanier haben sich als falsch erwiesen: Nein, die
Spanier sind nicht allesamt so laut, wie die Spanier, die ich in der Schweiz kennengelernt habe. Sie fallen mir nicht durch einen permanenten, hektischen, unbremsbaren und
lautstarken Redeschwall auf die Nerven.
Diese Erfahrung hat mir
die Tür nach Spanien geöffnet. Ich könnte mir nun vorstellen mir
auch Spanien für einige Monate anzusehen.
Einzig der Umstand, dass die spanischen Bevölkerung wenig Bereitschaft zeigt ein paar Brocken Englisch oder Französisch zu lernen hat mich ein bisschen geärgert. Ich werde mir selbst lieb sein müssen und vor einem längeren Spanienaufenthalt wenigstens rudimentär spanisch lernen, um in diesem Land gut zurecht zu kommen; denn teilweise wird nicht einmal die Bestellung für ein stilles Wasser verstanden. Wer weiss, vielleicht werde ich meine Spanisch-kenntnisse irgendwann in Salamanca perfektionieren? Jedenfalls würde ich hier gerne mal einige Zeit verbringen.
Ergebnis 3: die Erkenntnis, wie ich die nächsten Jahre leben will
Als ich Ende Februar aus Büren abreiste, war ich nicht sicher, ob ich dahin zurückkehren will. Ich habe die letzten Jahre gerne da gewohnt. Es ist eine wunderschöne Gegend, die ich als Heimat empfinde, obwohl ich nicht hier gross geworden bin. Einige meiner wichtigsten Freunde wohnen in der näheren Umgebung und ganz kurz vor der Abreise hatte ich den Eindruck, dass vielleicht doch noch Freundschaften im Ort entstehen könnten bzw. sie entwickelten sich gerade.
Ist das genug um wieder nach Büren zurück zu kommen? Ich konnte und kann diese Frage nicht beantworten. Sicher ist: vorerst lasse ich meine Papier da. Ich werde den ganzen August da sein (bzw. um die Ecke in Schwadernau. Da darf ich die Wohnung meiner Freundin nutzen und dafür ihre Pflänzchen während ihrer Abwesenheit giessen). So erfülle ich ein wichtiges Kriterium, um meine Papiere in Büren lassen zu können. Aber ich werde in absehbarer Zeit keine Wohnung mieten, sondern behalte meinen Bastelraum in Lyss für regelmässige "Boxenstopps". Es ist definitiv: ich gebe mein Geld lieber für Reisen, Hostels, Jugendherbergen, Zeltplätze und Hotels aus, als für die Miete einer Schweizer Wohnung - zumindest in den nächsten 2-3 Jahren.
Die Diskussion um die Corona-Welle, die für den Herbst bzw. Winter erwartet wird, vermittelt mir, es wäre besser auf Nummer sicher
zu gehen und ein fixes zu Hause zu haben. Dennoch werde ich versuchen ohne
klar zu kommen und stattdessen weiterhin viel von der Welt zu sehen und
sie zu erwandern (äh... er-spazieren). Auch mein Plan rund um die Schweiz zu wandern ist
aktuell. Aus aktuellem Anlass bedarf dieser
Plan aber einiger Modifikationen.
Ergebnis 4: Nicht trotz, sondern WEGEN Corona entwickelt sich mein Business
Auch die eher harte Zeit des Isoliert-seins zwischen Albufeira und Faro möchte ich nicht missen. Das Coronavirus hat mich in dieser Zeit zwar mangels Aufträge zurückgeworfen, aber auch beruflich weiter gebracht.
Ich habe ja schon erzählt von der Online-Ausbildung, durch die ich mich dank Corona durchgebissen habe. Erste Ergebnisse sind nun da und ich hoffe, damit einen Samen gesät zu haben, der mich in Zukunft finanziell tragen wird.
Die Ausbildung: Affiliat School Masterclass
Christopher Hauffe
hat mich in dieser Online-Ausbildung etwas gelehrt, was
für mich als Kleinunternehmerin extrem wichtig ist: was ich tun
kann, damit meine Angebote im Internet gefunden werden. Veranlasst
zur Ausbildung hat mich der Umstand, dass meine Website viel zu
selten neue Besucher hatte. Das wirkte sich natürlich auf die Anzahl der Buch- und Kursverkäufe aus.
Ich fragte mich warum das so ist und erfuhr in den 3 Wochen im Kurs
tatsächlich, was ich besser machen kann.
Das Gesellenstück
Zum Kurs gehörte, dass das Gelernte gleich umgesetzt wird und ihr könnt nun unter www.online-kochkurs.ch mein "Gesellenstück" angucken.
Ich habe es mir in der Ausbildung
zur Aufgabe gemacht für den veganen Kochkurs von Veggi Mäggi eine Website zu kreieren, die via Google eine hohe Zahl Besucher findet.
Die erste Frage für eine "gute Website": Was wird gesucht?
Zu Beginn musste ich mir überlegen, wer an diesem Kurs interessiert sein könnte (Zielgruppe und Ausgangslage) und ich musste lernen Suchbegriffe zu finden, die von der Zielgruppe bei Google eingegeben werden, sogenannte Schlüsselwörter.Das war an sich noch nicht viel Neues. Schon beim Schreiben meiner Blogartikel im letzten Jahr, wusste ich, dass die Schlüsselwörter wichtig sind, damit meine Texte, und dadurch meine Angebote, gefunden werden. Aber: wenn ich "meine" Schlüsselwörter wie "Glück", "Sinn", "Lebensziele", "Essattacken" oder "zu viel essen" bei Google eingab, war das Resultat ernüchtern, ja eher, ein Schock: meine Webseite war NICHT unter den ersten 50, ja nicht einmal unter den ersten 100 Angeboten aufzufinden!!! Sicher kommt es eher selten vor, dass Du mehr als die ersten 20-30 Suchresultate die Google ausspuckt anschaust, stimmt's? - Du verstehst also das Problem.
Kein Wunder verkaufte sich mein Buch vor allem, wenn ich an einer Messe oder an Ringana-Abenden war oder wenn ich Newsletter schrieb, aber nicht "automatisch" weil jemand bei Google fragte, was man gegen Essattacken und zu viel Essen tun kann. Heute weiss ich:
- das Schlüsselwort "zu viel essen" wird zu selten bei Google gesucht und
- es gibt zu viele Konkurrenzseiten, die stärker sind als meine Website
- deshalb ist meine Seite nicht auf den ersten Rängen positioniert (in der Fachsprache: diese Seiten "ränken" besser).
Die zweite Frage für eine "gute Website": Was hat wenig Konkurrenz?"
Also zeigte mir Christopher, der übrigens geschätzte zwei Jahrzehnte jünger ist als ich, wie ich die Schlüsselwörter finden kann, die häufig gesucht werden UND wenig Konkurrenz haben. Für all diejenigen, die zur Welt gekommen sind, als es Dinge wie Smartphone und iPad noch nicht gab, will ich es nicht-digital formulieren: Christoph half mir zu überlegen
wo muss ich mein Angebot platzieren, damit es genügend oft gefunden wird? (bei einem Laden wäre das die Frage nach dem Standort, der bestimmt wie viel "Laufkundschaft" man bekommt und wo man die Werbung platziert, damit potentielle Interessenten auf das Angebot aufmerksam werden).
womit kann ich dafür sorgen, dass meine Kunden mich statt meine Konkurrenz finden? - und dann auch bei mir einkaufen (Wenn ich zum Beispiel der einzige Bäcker in einem Quartier bin, ist es einfacher in diesem Quartier mein Brot zu verkaufen, als wenn zwei andere Bäcker ebenfalls in der Nähe sind. Wenn das Quartier allerdings sehr klein ist, erreiche ich trotz fehlender Konkurrenz nicht den notwendigen Umsatz).
Im Bäckergeschäft würde man Werbemassnahmen ergreifen (Inserate, Flyer, Aktionen starten und mit potentiellen Kunden wie zum Beispiel Restaurants, Firmen Kontakt aufnehmen) um die nötigen Kunden zu finden. Auch im Online-Geschäft sind etliche Massnahmen möglich und notwendig. Sie habe ich im Kurs kennengelernt.
Meine eigenen Website, ränkt nach Jahren (!) für das Schlüsselwort "Lebensziele" (auf Position 10 - immerhin). Leider aber rankte sie bisher nicht für die Schlüsselwörter meines WorkBooks zum Thema "Ich und mein Essverhalten". Zum Vergleich: dank Christophers Kurs ränkt die Seite, die ich für Veggi Mäggis Kurs entwickelte schon nach wenigen Wochen (!) für einige Schlüsselwörter irgendwo zwischen Position 1 und 50, wie der Auszug zeigt:
Das Gelernte
funktioniert also.
Was ist mein Gewinn an diesem Projekt?
Zuerst einmal: es
war ein riesiger zeitlicher Ansatz, aber ein minimaler finanzieller
Aufwand dieses Gesellenstück herzustellen. In Zukunft soll auch
der zeitliche Aufwand gering sein (fast Null). Dennoch soll die Seite dazu führen, dass der Kurs von Interessenten gefunden und gekauft wird. Weil ich
mit meinem Gesellenstück "Werbung" für Veggi Mäggis Kurs mache, erhalte ich eine Provision, wenn jemand den Kurs kauft, nachdem er auf meiner Seite war.
Wenn Du also gerne vegan kochen lernen und gleichzeitig mich und meine Arbeit unterstützen möchtest, dann klickst Du auf einen der grünen
Buttons auf www.online-kochkurs.ch und erreichst beide Ziele :-)
Wie werde ich das neue Wissen für mein Business nutzen können?
Auf meine eigene Seite anwenden
Das Gelernte werde ich nun natürlich auf meine Webseite www.besser-als-zuvor.ch und www.ohne-eile.ch anwenden. Ich habe schon einige Anpassungen gemacht und siehe da: der Kurs "Seelenfutter" verkauft sich nun öfters. Aber es gibt noch viel zu verbessern.
Anderen Kleinunternehmen beim Ränken helfen
Gleichzeitig habe ich die neue Webseite einer Freundin analysiert und rasch gesehen, dass sie dasselbe Problem hat: ihr Buch und ihr Kurs werden anhand der Schlüsselwörter nicht unter den ersten 100 Treffern bei google gefunden. Nun habe ich für sie gute Schlüsselwörter mit wenig Konkurrenz ermittelt, diese werden wir in ca. 6 Blogartikel verpacken und nach und nach veröffentlichen, damit ihre Website besser für die Schlüsselwörter ränkt und ihre Zielgruppe auch via Google auf ihr Angebot aufmerksam wird.
Dieses Vorgehen werde ich ich auch anderen Kleinunternehmerinnen anbieten, die via Internet Kurse und Beratung verkaufen, um ihnen zu helfen ihre Angebote bei Google besser zu platzieren.
Für KleinunternehmerInnen Online-Kurse entwickeln
Dem
Thema "Videos" bleibe ich auch mit diesem neuen Angebot treu. Ich werde Kleinunternehmerinnen unterstützen , die wegen Corona ihr Angebot
digitalisieren müssen, weil Präsenzveranstaltungen schwierig geworden sind.
Also Lehrer und Coaches, die Online-Kurse
entwickeln "müssen" bzw. wollen. Es können Musiklehrer, Ernährungsberater
oder ... sein.
Für den Herbst werde ich zum Beispiel helfen, einen Hülsenfrüchte-Kochkurs, der bisher eine Präsenzveranstaltung war in einen Online-Kurs umzuwandeln. Er soll bei Google unter den ersten 10 Resultaten gefunden werden, wenn man bestimmte Suchbegriffe bei Google eingibt.
Ich finde das alles extrem spannen und es macht mir Spass den Kleinunternehmerinnen zu helfen trotz Corona ein Einkommen generieren zu können.
Ergebnis 5: ein hartnäckiger Portugiese aus Deutschland gewinnt mein Herz
Der Text ist schon zu lang, aber diesen letzten Punkt will ich trotzdem unbedingt noch platzieren, bevor ich in die Schweiz zurückkehre.
Dass mir ein
Portugiese von Evora in den Naturpark "Serra da Estrela" nachgereist war, habe ich
bereits im letzten Blogartikel erzählt. In Evora hatten wir uns lange über mögliche Wanderungen in Serra da Estrela unterhalten, denn zufällig kam er gerade von ausgiebigen Wanderungen in diesem Gebiet zurück.
So kam es, dass er wusste, wo ich bin.
Als ich ihn, ein Tag nach meiner Ankunft in Serra da Estrela, von der Küche aus plötzlich am Herberge-Eingang stehen sah, wusste ich nicht recht, was ich davon halten soll. Er hatte mir in Evora gesagt, dass er nach Lissabon weiter reisen wird, um nach Deutschland zurück zu fliegen. Offensichtlich hatte er diese Pläne verworfen und war nun hier in "meiner" Herberge. Dass das etwas bedeutetet, ahnte ich.
Er sammelt erste Pluspunkte
In Evora hatte er mich am Abend unseres Kennenlernens zu einem abendlichen Drink eingeladen. Ich ahnte schon da, dass er an mir interessiert ist. Auch mir war am Nachmittag, beim Austausch von Wandertipps für die Serra da Estrela, ein paar Mal positiv aufgefallen, dass wir einige Dinge ganz ähnlich anzupacken scheinen.
Schon am Nachmittag hatte ich kapiert, dass er den "Weltenbummler-Faktor", den ich in den letzten Monaten zur Bedingung für eine mögliche Partnerschaft gemacht habe, voll erfüllt: er hätte die Möglichkeit mich bei meiner Weltenbummelei zumindest teilweise zu begleiten, denn in seinem Unternehmen hat er dafür gekämpft, dass er sich im
Jahr 3 Monate Zeit nehmen kann, um zu Reisen. Das weckte mein Interesse. Er sammelte die ersten Pluspunkte...
Test, Test, Test.... ist er wirklich, wirklich nett?
Er war ungemein nett und aufmerksam. Allerdings war ich kritisch. Ein Mann, der an einer Frau interessiert ist, zeigt sich ja gerne von seiner netten Seite. Ich wollte wissen, ob er nur zu mir (momentan) so nett ist oder ob er ein grundsätzlich freundliches Wesen hat. Dass er klar und deutlich sein kann - ein weiteres "must" in meinem Wunschprofil - davon hatte er mich schon überzeugt, als er erzählte, wie er es schafft seine persönlichen Ziele im Geschäft zu erreichen.
Der Max-Test
Gerade als ich meine Schuhe für den abendlichen Drink in meinem Zimmer im ersten Stock holen wollte, klingelte Max aus England an der Hosteltür und bat um
Einlass. Obwohl die Rezeption nicht besetzt
war, liess ich ihn in die geschlossene Herberge. Ich halte es für ein Gebot der Menschenfreundlichkeit Menschen nicht vor einer verschlossenen Tür
stehen zu lassen :-) .
Natürlich konnte es eine wilde Behauptung sein,
dass er hier gebucht hat. Kritischere Naturen - das weiss ich aus
Erfahrung - hätten ihn draussen warten lassen und zuerst abgeklärt, ob es für die Herberge in Ordnung ist, dass er hinein kommt.
Mir wird oft
vermittelt zu freundlich und zu wenig misstrauisch zu sein - und tatsächlich bin schon übers Ohr gehauen worden. Einmal, als ich einer Frau, die zu mir ins Brocki kam, 100 CHF "auslieh", weil sie behauptete ihren Schlüssel in der Wohnung gelassen und sich ausgesperrt zu haben. Sie müsse aber unbedingt zu einem Kurs nach Zürich. Ich lieh ihr gegen
Angabe von Telefonnummer und Namen einen Hunderter und stellte später fest, dass
alle Angaben falsch waren. Daran knabberte ich lange. Doch dann entschied ich, dass ich mich in Zukunft lieber noch einmal betrügen lasse,
als gegen andere, die wirklich Hilfe brauchen zu streng zu sein (auch
wenn ich heute, die Angaben einer Person wohl kurz im Internet zu
checken versuchen würde).
Ich bat Max also
sich in der Rezeption hin zu setzen und stiess unter der Tür fast
mit Antonio zusammen. Er hatte sich für den gemeinsamen abendlichen Drink
vorbereitet und wartet auf mich. So bot sich unerwartet die Möglichkeit ihm ein bisschen auf den Zahn zu fühlen:
Er hatte mir zuvor gesagt, er
habe die Telefonnummer der Rezeption. Also bat ich ihn, die Situation zu klären, während ich meine Schuhe hole. Er reagierte ohne Abwehr und ich überliess die beiden
Männer ihrem Schicksal. Als ich zurückkam herrschte eine gelöste Stimmung
zwischen den beiden, obwohl sie sich, wegen fehlender Englischkenntnisse auf einer Seite, nur knapp verständigen konnten. Antonio hatte alles mit der
Rezeption gemanagt, hatte Max in keiner Weise einen Dämpfer
verpasst, ihn aber auch nicht einfach allein gelassen und war wegen der zeitlichen Verschiebung auch zu mir nicht ungeduldig. Damit
kletterte er weiter die Pluspunkte-Skala hoch.
Meine Wanderschuhe ernten Bewunderung
Wegen meiner maximalen Gepäck-Reduktion mangelte es an Schuh-Alternativen. Für unseren abendlichen Drink musste ich deshalb meine abgewanderten Wanderschuhe anziehen. Klar, Pumps oder Sandalen wären für diesen Anlass angemessener gewesen, aber so war es nun mal.
Als ich meine Schuhe in der Rezeption -vor seinen Augen - anzog, sah ich nicht nur Überraschung, sondern auch ein anerkennendes Aufblitzen in Antonios Augen.
Letzte Woche sagte er mir, er habe sich sofort in die Frau mit diesen Schuhen verliebt.
Näheres Kennenlernen in der Serra da Estrela
Die folgenden Tage bewies er immer wieder sein Interesse an mir. Wir überraschten uns gegenseitig mit ähnlichen Ansichten und Interessen, aber ich war zurückhaltend und skeptisch, denn ich würde keinen Mann in meinem Leben akzeptieren, der meine Pläne nicht unterstützt. Vorsichtig achtete ich darauf, ob seine Pläne meinen widersprechen oder ob er zur Vereinnahmung tendiert. Damit hatte ich in den letzten Monaten zweimal schon unangenehme Erfahrungen gemacht.
Doch obwohl Antonio offensichtlich ständig mit
mir unterwegs sein wollte, räumte er einfach das Feld und ging wandern als ich arbeiten
"musste".
Ein kleiner Konflikt zeigte mir zudem, dass er ein gutes
Gespür für mich hat und mich nicht unter Druck setzt etwas zu tun was
ich nicht will, selbst wenn es ihm total widerstrebt.
Auch ich werde getestet
Natürlich blieben
die Test auch auf seiner Seite nicht aus. Wenn ich das richtig
einschätze, hat er meine Wandertauglichkeit getestet, denn er selbst
hat schon viele Pilgerzeiten hinter sich und liebt das Laufen.
Gemeinsam haben wir den höchsten Berg Portugals erwandert und ich
habe schon gemerkt, dass es ihm gefiel, dass ich den schwierigeren
Wanderweg, der bequemeren Strasse vorzog. Ich laufe zwar deutlich langsamer als er, aber er hatte keine Schwierigkeiten sich anzupassen und auch mal ein Stück in seinem Tempo loszuziehen; und ich schwächelte in keiner Weise.
Es gefiel ihm, dass ich mich beim Mittagessen auf einem Stein entspannen und wohlfühlen kann und dafür keinen Klappstuhl brauche und auch meine Selbstständigkeit und Unabhängigkeit schien er mir nicht austreiben zu wollen.
Wie ernst ist es ihm?
Das ist natürlich die schwierige Frage, wenn man sich "im Urlaub" kennen lernt. Als das Ende der Tagen in der Serra da Estrela nahte, lud er mich ein mit ihm nach Viseu zu reisen. Er war in dieser Region aufgewachsen, bevor er mit 16 nach Deutschland kam, und wollte sie mir zeigen. Da ahnte ich, dass es ihm ziemlich ernst ist. Erst recht, als er mit seiner Schwester und Nichte Kontakt aufnahm und letztere bat uns bei einem Ausflug zu chauffieren. "Familientreffen" schon in den ersten Tagen? "Manoman, dem scheint es ja ultraernst zu sein", dachte ich.
Heute sitze ich im brütend heissen Avignon und warte auf seine Ankunft. Er hat eine Woche in Düsseldorf gearbeitet und es geschafft - dank Kurzarbeit und einem engagierten Auftreten bei seinem Chef - einige Tage frei zu nehmen, um nach Avignon zu kommen. Taten sprechen ihre eigene Sprache.
Erste Grobplanung zu zweit
Wir sind alt genug, um zu wissen, dass noch
alles neu ist und eine Beziehung ungefähr so planbar ist, wie das (Corona-)Leben
im allgemeinen. Doch wir sind beide auch "zu alt" und zu lange alleine unterwegs, um es langsam anzugehen und eine
Beziehung auf Distanz in Betracht zu ziehen. Deshalb werde ich
wohl im September der Einladung zu einer Woche in Düsseldorf folgen
und wir werden schauen, ob sich aus unseren beiden Lebenssträngen
etwas Gemeinsames stricken lässt.
Wir beide sehen,
dass Corona erhebliche Probleme verursacht. Aber unser Leben bringt es auf angenehme Weise durcheinander.
Wer ist der Mann?
Noch will ich vorsichtig sein. Deshalb: lasst es mich noch ein bisschen geheim halten. Nicht nur aus Datenschutzgründen füge ich hier kein Foto ein. Aber soviel sei verraten:
- er hat schwarze Haare
- er ist auf meiner Augenhöhe, so wie ich es schätze (ein paar Zentimeter grösser als ich).
- er redet manchmal wahnsinnig schnell und - ich behaupte mal - deutlich mehr als ich; und
- er beweist trotz seiner portugiesischen Wurzeln und einem charmanten Akzent ein gutes Sprachgefühl für das Deutsche. Als ich gestern fragte, wie sein Tag war sagte er: "Anders als geplant, aber wie erwartet". Wort für Wort sprach er das so aus. Ich habe mir den Satz sofort notiert. Was soll man da noch sagen zur Frage, wie gut er sich auf deutsch ausdrücken kann? Das hat schon fast schriftstellerische Qualität. Das ist kein Zufall...
- er interessiert sich für Geschichte, Kultur und Literatur ebenso wie ich, obwohl er als Techniker auch zu den praktisch orientierten Menschen gehört (wie ich).
Ich wecke mit diesem Blog also eure Neugier und lasse euch noch ein bisschen zappeln. Aber ihr kennt mich ja genug, um zu wissen, dass ich bald wieder schreiben werde, was in meinem Leben passiert.
Alle die wollen erreichen mich ab dem 6.8 wieder über meine Schweizer Nummer. Na ja, ihr wisst ja, wie ich es mit dem Handy halte...
*Leider habe ich das Buch gerade nicht zur Hand und kann den Abschnitt deshalb nicht zitieren (Nachtrag wird bei Gelegenheit folgen).